Musiktipps im November 2023

Musiktipps im November 2023
Unsere brandaktuellen CD-Kritiken Die Musik-Tipp4U für den November

Würden wir Musik nur hören und nicht auch manchmal sehen, man könnte meinen, es herrschten noch die 1970er- und 1980er-Jahre, in denen die Rolling Stones gerockt haben wie 30-Jährige und ABBA auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs Schluss machten. Junge britische Synth-Pop-Bands wie OMD und Duran Duran schlossen die Lücke. Und dass all diese Bands 40 bis 50 Jahre später immer noch höchst erfolgreich neue Musik machen, das macht uns Hoffnung darauf, dass die Zeit eben doch nicht so erbarmungslos tickt wie immer behauptet. Im November jedenfalls buhlt aufregendes Jungvolk wie Zoe Wees mit echten Ikonen um die Gunst der Hörer. Die, das ist das Gute daran, ja durchaus mehr hören können und dürfen als nur eine Künstlerin oder einen Künstler. In diesem Sinne: Rock on!

The Rolling Stones
Hackney Diamonds

Ganz offensichtlich kommt für die Rolling Stones die Rente mit um die 80 vielleicht doch noch etwas zu früh. Immerhin dürfen wir uns mit „Hackney Diamonds“ ziemlich unvermittelt über das erste Album mit wirklich neuem Material seit 2005 („A Bigger Bang“) freuen („Blue & Lonesome“ von 2016 bestand nur aus Coverversionen). Jedenfalls konnte uns bereits „Angry“ mit einem so knackigen Riff überzeugen, dass selbst Urenkelkinder mit den Köpfen genickt haben dürften. Und auch der Rest der insgesamt zwölf neuen Songs – einige noch unter Beteiligung von Charlie Watts entstanden – wird zu einem packenden Trip in eine nie allzu retroselige bluesrockige Stones-Vergangenheit. Wie gab Mick Jagger bei Jimmy Fallon ganz uneitel zu? „Wir hätten das Album nicht veröffentlicht, wenn es uns nicht gefallen hätte. Aber das tut es. Und das gilt hoffentlich auch für die Fans da draußen …“ 

The Rolling Stones
Ganz offensichtlich kommt für die Rolling Stones die Rente mit um die 80 vielleicht doch noch etwas zu früh.
Bosse
Übers Träumen
Bosse
Seine „schlaueste, traurigste und lustigste Platte“ habe er mit „Übers Träumen“ gemacht.

Seine „schlaueste, traurigste und lustigste Platte“ habe er mit „Übers Träumen“ gemacht. Das soll eine geschätzte Kollegin über den neuen Bosse-Streich gesagt haben. Und dem haben wir eigentlich nur wenig hinzuzufügen. „Ein Traum“ war schließlich schon der nahezu hymnische gleichnamige Trennungssong vom letzten Frühjahr. Und nachdem es Deutschlands vielleicht sympathischster Singer-Songwriter seit 2013 bereits dreimal in die deutschen Album-Top-5 geschafft hat (2016 mit „Engtanz“ und 2018 mit „Alles ist jetzt“ sogar auf die eins!), sind wir zuversichtlich, dass ihm mit den 14 neuen Tracks von „Übers Träumen“ der Hattrick gelingt. Qualität setzt sich schließlich immer durch. Auch und gerade in unseren wildesten Träumen.  


Zoe Wees
Therapy

Das versteht man wohl unter „ein Ausnahmetalent behutsam aufbauen“. Statt Zoe Wees wie so viele vor ihr nach ihrem Castingshow-Auftritt bei „The Voice Kids“ einmal schnell durch den deutschen Chart-Durchlauferhitzer zu jagen, hat man sich bei der mittlerweile erwachsen gewordenen Hamburgerin deutlich mehr Zeit gelassen. Ein Jahr nach ihrem Auftritt nahm sie 2018 die Arbeit mit ihren Produzenten auf, bis zur Debütsingle „Control“ dauerte es weitere zwei Jahre, „Girls Like Us“ folgte 2021 und bis zum fertigen Album mussten ihre Fans weitere zwei Jahre warten. Immerhin hat sie bis hierhin schon mehrfach Platin, drei Milliarden Streams und eine internationale Fanbase generiert, die ihr sicher begeistert in die 20 Tracks starke „Therapy“ folgt, die die endgültige Geburtsstunde eines internationalen Stars markiert.

Zoe Wees
Das versteht man wohl unter „ein Ausnahmetalent behutsam aufbauen“.
Maria Callas
La Divina
Maria Callas
Jeder weiß, von wem die Rede ist, wenn von „der“ Callas gesprochen wird.

Maria Callas war eine Ikone der klassischen Musik, eine begnadete Sängerin, die als „La Divina“ die Geschichte der Oper im 20. Jahrhundert eindeutig mitgeprägt hat und die auch als Stilikone, als Geliebte des schwerreichen Reeders Aristoteles Onassis (der später Jackie Kennedy ehelichen sollte), als Schauspielerin im Gedächtnis bleiben wird. 100 Jahre alt würde sie am 2. Dezember werden. Weshalb diese „Best of“-Sammlung noch einmal auf zwei CDs das versammelt, was Maria Callas so einzigartig gemacht hat: die beliebtesten Arien, die sie im Studio eingesungen hat (CD 1), und ihre Auftritte auf der Bühne (CD 2) mit Arien aus Bizets „Carmen“, Bellinis „Norma“ sowie Puccinis „Madame Butterfly“ und „La Bohème“. Ein akustisches Denkmal für eine Ikone.


Art Garfunkel Jr.
Evergreen

Zwei Jahre, nachdem er mit „Wie Du“ eine Hommage an seinen berühmten Vater Art Garfunkel aufgenommen hat, meldet sich der Junior mit einem neuen Album zurück. Auch das ist geprägt von seiner US-amerikanischen Herkunft einerseits und den deutschen Wurzeln und der Liebe für den hiesigen Schlager auf der anderen Seite. Kurz: Art Garfunkel Jr. beschenkt seine Fans mit echten „Evergreens“ – Neuinterpretationen von den klassischen Songs, mit denen er groß geworden ist und die die Musikgeschichte nachhaltig geprägt haben. „Strangers In The Night“ etwa, das hier als „Fremde in der Nacht“ neu interpretiert wird. „Mr. Tambourine Man“, „Sag mir wo die Blumen sind“ oder „Weit so weit“ („Can’t Help Falling In Love With You“) runden ein Album ab, das den Klassikern ihren ursprünglichen Charme lässt und doch genauso klingt, wie man es von Art Garfunkel Jr. erwarten würde. Schön!

Art Garfunkel Jr.
Art Garfunkel Jr. beschenkt seine Fans mit echten „Evergreens“ – Neuinterpretationen von den klassischen Songs.
Agnetha Fältskog
A+
Agnetha Fältskog
Das Ergebnis ist nun eben „A+“, auf dem nur der Gesang der gleiche geblieben ist.

Damit kein Missverständnis aufkommt: „A+“, das ist eigentlich „A“, das vor genau zehn Jahren veröffentlichte Comeback-Album von „Dancing Queen“ und ABBA-Ikone Agnetha Fältskog. Und doch auch wieder nicht. Immerhin liegt zwischen beiden Alben eine höchst erfolgreiche Reunion der Schweden samt virtuellem Konzert-Brimborium. Und eine Dekade, in der sich musikalisch einiges getan hat. Deshalb haben Agnetha und ihr Produzent Jörgen Elofsson auch beschlossen, das Material noch einmal anzufassen und komplett zu erneuern. Das Ergebnis ist nun eben „A+“, auf dem nur der Gesang der gleiche geblieben ist. Musik und Produktion wurden komplett erneuert – ebenso wie die Tracklist. Zu der nun auch der brandneue Song „Where Do We Go From Here?“ gehört, die erste komplett neue Single von Agnetha seit zehn Jahren.      


Within Temptation
Bleed Out

Viereinhalb Jahre, nachdem sie mit „Resist“ erstmals die Spitze der deutschen Albumcharts erklimmen konnten, melden sich die niederländischen Symphonic Metaller von Within Temptation eindrucksvoll zurück. Und ganz offenbar sind die vergangenen Jahre mit Corona-Krise und Ukraine-Krieg auch an ihnen nicht spurlos vorübergegangen. Auf „Bleed Out“ präsentieren sich Sharon den Adel und ihre Mitstreiter kämpferisch und politisch wie lange nicht mehr. „Endless War“ etwa setzt sich mit dem Krieg (nicht nur) in der Ukraine auseinander, „Bleed Out“ beschäftigt sich mit der Unterdrückung der Frauen im Iran, „Don’t Pray For Me“ mit dem Recht auf Selbstbestimmung bei Frauen. Entsprechend kämpferisch und mitreißend präsentieren sich Within Temptation auch musikalisch. Als eine Band, die auch mehr als 25 Jahre nach ihrer Gründung immer noch absolut auf der Höhe der Zeit ist. 

Within Temptation
Eine Band, die auch mehr als 25 Jahre nach ihrer Gründung immer noch absolut auf der Höhe der Zeit ist.
OMD
Bauhaus Staircase
OMD
Vor allem Anfang der 1980er-Jahre waren Orchestral Manoeuvres in the Dark eine echte Macht.

Depeche Mode mögen immer noch erfolgreicher sein als ihre britischen Kollegen von OMD, aber immerhin verbindet die beiden legendären New-Wave-Bands, dass sie bis heute – also mehr als 40 Jahre nach ihrer Gründung – aktiv geblieben sind. Vor allem Anfang der 1980er-Jahre waren Orchestral Manoeuvres in the Dark eine echte Macht, die noch vor den Kollegen 1980 mit „Enola Gay“ einen bis heute unvergessenen Synthpop-Wave-Hit landen konnten. Allerdings blieb es dann auch erst einmal beim ersten und frühen Höhepunkt mit dem Album „Architecture & Morality“ (1981). Abgesehen vom zehn Jahre später erschienenen „Sugar Tax“ konnte man nie wieder in kommerziell derart erfolgreiche Bereiche vorstoßen. Warum auch, wenn man sich zumindest künstlerisch stets neu erfinden und eine der prägendsten Bands im New Wave bleiben durfte. Davon zeugt auch das abermals architektonisch inspirierte neueste Werk „Bauhaus Staircase“, das sechs Jahre nach „The Punishment of Luxury“ nahtlos an den erfolgreichen Vorgänger anknüpfen kann.


Duran Duran
Danse Macabre

Noch so eine Kultband der 1980er, die vom „Wild Boys“-Image einfach nicht lassen kann. Die Rede ist von den Vorzeigepoppern Duran Duran, die fast so etwas wie ein saisonales Album veröffentlichen. Denn „Danse Macabre“ ist praktisch perfekt auf Halloween und die Geisterstunde zugeschnitten, spielt im Artwork mit gruseligen Séancen und (auf Vinyl) sogar mit dem Ouija-Board und beschwört auch musikalisch so manchen Geist. Neben drei brandneuen Songs gibt es auf „Danse Macabre“ nämlich durchaus spannende Coverversionen zu hören. Nicht nur von eigenen Songs, sondern auch von Hits von Billie Eilish, The Specials, The Rolling Stones und den Talking Heads. Außerdem namhafte Gastfeatures: Neben den ehemaligen Bandmitgliedern Andy Taylor und Warren Cuccurullo sind unter anderem Nile Rodgers und Victoria de Angelis von Måneskin mit von der Partie. Die Tanzstunde startet um Mitternacht …

Duran Duran
Noch so eine Kultband der 1980er, die vom „Wild Boys“-Image einfach nicht lassen kann.
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